Der lange Weg der Türken

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Ausstellung "Der lange Weg der Türken" im Linden-Museum

Vom 13.09.2003 bis 18.04.2004 zeigt das Stuttgarter Lindenmuseum die Ausstellung „Der lange Weg der Türken“. Dabei thematisiert das Museum die türkische Kultur über einen Zeitraum von 1.500 Jahren.

Ausstellung „Der lange Weg der Türken“

Die Sonderausstellung war im ersten Obergeschoß des Linden-Museums in den Räumlichkeiten der Orientabteilung untergebracht.  Von Anfang an nahmen mich die ausgestellten Schaustücke gefangen, die durch ihre Andersartigkeiten einen wohltuenden Reiz auf mich ausübten.

Die Heimat der Türken war scheinbar das Altai Gebirge. So sah es zumindest nach einer großen Karte gleich gegenüber dem Eingang der Ausstellung aus. Anhand dieser konnte ich mich gut über die Wanderungsbewegungen des türkischen Volkes informieren.

Zur Gliederung der Ausstellung hatten sich übrigens die Gestalter etwas besonders Sinnvolles einfallen lassen. Sie teilten die Geschichte der Türken in mehrere Perioden, denen je ein Symbol zugeordnet wurde. Dieses Symbol war bei jedem Ausstellungsstück in der Beschreibung mit angedruckt. So konnte ich mich rasch orientieren, aus welcher Epoche das gute Stück kam.

Der Koran in einer besonderen Form

Aber so richtig orientieren musste ich mich eigentlich gar nicht, denn ich hatte das Glück zufällig auf die Führung des Leiters der Abteilung Orient Hrn. Johannes Kalter zu stoßen. Dieser erklärte in einem sehr angenehmen Stil die Geschichte der Türken anhand der ausgestellten Stücke. Dabei vermittelte er mir eine derartige Fülle von Detailinformationen über Sitte, Religion und Kultur, dass für mich dieser Ausstellungsbesuch ein voller Erfolg wurde.

Ohne seine Erläuterungen wäre ich wahrscheinlich bei einigen sehr wichtigen Exponaten vorbeigelaufen. So zum Beispiel an einem Papier, dass den Inhalt des ganzen Korans auf einer Seite (!) vereinigte. Dabei wurden die Schriftzeichen so geordnet, dass der – natürlich sehr klein geschriebene – Text die Form einer Birne bildete. Ich kann nur jedem empfehlen, sich diese ‚Birne‘ genauer anzusehen.

Krummsäbel und Reflexbogen

Im darauffolgenden Raum konnte ich ein paar Utensilien der Schreiber betrachten sowie einige kunstvoll gearbeitete Einbände. Dominiert wurde der Raum aber eher von ausgestellten Waffen. Hier konnte ich erstmals einen Krummsäbel aus nächster Nähe in Ruhe betrachten und die Raffinesse seiner speziell geformten Klinge für mich erkennen.

Auch einer dieser von unseren Vorfahren so gefürchteten Reflexbogen war ausgestellt und besonders schön anzusehen war für mich die Haube eines Janitscharen. Eine Landkarte zeigte mir die Expansion des Osmanischen Reiches, dessen Truppen ja auch durch meine Heimat gezogen waren.

Die Beschreibung der Landkarte empfand ich als sehr informativ. Leider hatte man es aber unterlassen, alle beschriebenen Orte auch auf der Landkarte darzustellen, sodass ich nicht den vollen Informationsgenuss für mich verspürte.

Aber es gab nicht nur kriegerische Elemente in dem Raum zu sehen. So fand ich eine Sammlung von schön gearbeiteten Keramikgefäßen vor. Diese erinnerten in ihrem Dekor an chinesischer Ware. Tatsächlich war die Interaktion zwischen der arabischen und der chinesischen Kultur enger als ich es bisher für mich wahrnahm. Ein Teil der chinesischen Muster und Farben kam nämlich ursprünglich aus dem arabischen Raum.

Der Hamam und der Kaffee

Im nächsten Raum wurden zwei Themen angerissen, die auch mir einfallen würden, wenn ich über türkische Kultur nachdenke. Das türkische Bad (der Hamam) und der türkische Kaffee.

Besonders gut gefielen mir hier die Badetücher, in denen die Badeutensilien gewöhnlich eingewickelt waren. Amüsiert betrachtete ich die so genannten Badestelzen. Das waren Schuhe, die einem das Gehen auf dem heißen Boden erleichterten.

Bemerkenswert auch die Badeschalen, die zwar nicht besonders dekorativ wirkten, mich aber daran erinnerten, dass die Türken sich nach dem Baden mit dem Wasser aus diesen Schalen immer duschten, um wirklich rein im religiösen Sinn zu sein.

Tod und Leben

Der nächste Raum der Ausstellung war zwar nicht das Ende derselben, handelte aber vom Ende des Menschen. Er bestand eigentlich nur aus einigen Grabsteinen, die aber in Kombination mit fotografierten Grabsteinen ein sehr interessantes Ensemble ergaben. In der Stille dieser Gruppe hatte ich auch Gelegenheit auf einer Bank zu verweilen und mich von der Qualität des dort ausgelegten Kataloges zu überzeugen.

Nach diesem Raum der Stille trat ich über einen Gang wieder in das helle Leben hinein. Der Gang war vor allem mit Fotos tapeziert, die Menschen von allen Walks of Life zeigten. So fand ich orthodoxe Popen in ehrwürdiger Haltung genauso wie verschleierte Frauen in schon einer etwas lasziveren Haltung.

Flucht und Vertreibung

Während auf der einen Seite des Ganges der eher schönere Teil des Lebens abgebildet war, unter anderem wurden auch Musikinstrumente gezeigt, thematisierte der andere Teil unerfreuliche Abschnitte aus der türkischen Geschichte, die zum Teil bis in unsere jüngste Geschichte reichen.

Hier wurde gezeigt, wie oft sich türkische Bevölkerungsgruppen auf der Flucht befanden und in das Gebiet der heutigen Türkei zurückwandern mussten. Auch die traurige Geschichte der Armenier und die Konflikte zwischen Griechen und Türken wurden kurz angerissen.

Als Gegenpol zur Einwanderung türkischer Familien in Deutschland wies die Ausstellung auch auf die Fluchtbewegung deutscher Familien in die Türkei während des Dritten Reiches hin. Als prominente Beispiele dienten hier Ernst Reuter (Ehemaliger Bürgermeister von Berlin) und sein Sohn Edzard Reuter (Ehemaliger Vorstand von Daimler).

Das türkische Schattentheater (karaggöz)

Aber den letzten Blick vor dem Verlassen der Ausstellung warf ich dann doch auf etwas Erfreulicherem. Es wurden Elemente des türkischen Schattentheaters (karaggöz) gezeigt und über Kopfhörer wurde typische türkische Musik angeboten.

Fazit

Mit dieser Musik in den Ohren verließ ich die Ausstellung „Der lange Weg der Türken“ und freute mich über einen gelungen Ausstellungsbesuch. Die Ausstellung hat mir persönlich geholfen eine Bildungslücke über die Geschichte der Türken zu schließen und bot darüber hinaus durch seine Exponate einen schönen Reiz fürs Auge.

Quellen / Weiterführende Links

  • Link Offizielle Webseite des Linden-Museums mit Öffnungszeiten