Ausstellung „Die Römer“

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Steirische Landesausstellung 2004 "Die Römer"

Die Steirische Landesausstellung 2004 widmet sich den Römern. Die Schauplätze der Ausstellung „Die Römer“ sind rund um Wagna gut gewählt. Erstreckte sich doch in dieser Region einst die römische Siedlung Flavia Solva.

Steirische Landesausstellung 2004 „Die Römer“

Dieses Jahr fand in meinem Bundesland Steiermark eine Landesausstellung über die Römer statt. Diese hatten ja um 15 v. Chr. das gesamte Gebiet des heutigen Österreichs südlich der Donau besetzt und für über 400 Jahre mit römischer Kultur geflutet. Und über genau diese Zeit berichtet die Ausstellung vom 01.05.2004 bis 31.10.2004.

Nun, im Vorfeld gab es schon allerlei Gerüchte um die Ausstellung, die mich etwas beunruhigten. So wurde von sehr speziellen Gestaltungsmitteln gesprochen und von nur wenig Substanz. Das hätte ich natürlich als schade empfunden, da ich mich doch für die römische Geschichte besonders interessiere.

So fuhr ich nun an einem schönen Herbsttag in die Ausstellung und harrte neugierig der Dinge. Leider war diesmal die Ausstellung gleich auf vier (!) Standorte verteilt. Das ist zwar gut für die Region aber schlecht für meine Füße. Die Idee, mit der Bahn zur Ausstellung zu fahren, musste ich gleich mal verwerfen. Die Ausstellungsorte lagen zu weit voneinander entfernt, um es zu Fuß zu schaffen.

Die Römer in Schloss Retzhof

Schon der erste Ort lag leicht versteckt. Es handelte sich um das Schloss Retzhof, einem ehemaligen Edelhof aus dem 14. Jahrhundert. Nachdem ich über die Treppe in das erste Obergeschoß gelangte, stand ich vor einer riesengroßen Karte mit den Grenzen des Römischen Reiches. Der Karte vorgelagert war eine nicht mindergroße Lupe, die symbolisch ein kleines Munizipium heraus zoomte: Flavia Solva.

Das war der bedeutendste Ort auf dem Boden meines Heimatlandes zur Zeit der Römer. Im nächsten Raum waren einige wenige echte Exponate zu sehen. Dabei handelte es sich in erster Linie um Büsten und Schmuck, auch ein Helm war dabei.

Die nächste Installation war technisch sehr aufwendig gestaltet, zeigte sie doch in einer Show, wie sich die Landschaft rund um Flavia Solva im Laufe der Jahrhunderte verändert hatte. So konnte ich sehen, wie die Wälder im Laufe der Jahre den jeweiligen Siedlungsgebieten wichen oder wie die Kelten unter römischen Einfluss vom Frauenberg weiter runter an den Fluss zogen.

Ähnlich animiert ging es dann gleich weiter. In einem großen Raum war eine Art Miniarena aufgebaut, wo ich mich in das Kreisrund setzen konnte. Über meinem Kopf rotierten mehrere große TV-Geräte, die Szenen aus dem berühmten Wagenrennen im Kinofilm „Ben Hur“ und einem modernen Autorennen zeigten. Dabei wurden die Bilder so abgestimmt, dass sich die Szenen ähnelten.

Es war also ein Versuch darzustellen, es gab schon immer Leute, die im Kreis fuhren. Die Idee dazu fand ich glänzend, allerdings fehlte mir hier Information. Wer vorher nichts über römische Wagenrennen wusste, wusste hinterher auch nicht mehr.

Im nächsten Raum kam für mich das Glanzstück unter den Objekten. Es wurde jene berühmte Tafel gezeigt, mit der ich Flavia Solva immer assoziierte. Flavia Solva hatte nämlich zur Römerzeit eine Feuerwehr! Das hatten andere Städte wohl auch, aber im Falle von Flavia Solva gibt es einen sehr schwer wiegenden Beweis (ca. 5 kg oder so). Auf einer Steintafel bestätigte der damalige Kaiser das Privileg, dass die lokalen freiwilligen Mitglieder der Feuerwehr weniger Steuer zahlen müssten. Geholfen hat es aber nichts, die Stadt brannte während der Völkerwanderungszeit komplett nieder.

Die nächsten Räume waren eher schlecht ausgedacht. In einem modernen Frisiersalon wurden antike Frisiergeräte gezeigt. Dabei erfuhr ich, dass die römische Gesellschaft ihre Haar- und Barttracht nach der Mode des Kaisers ausrichtete.

Auch den Raum mit den Philosophen empfand ich als missglückt. Aus einer grünen Wiese ragten die Köpfe bekannter Philosophen heraus, die ihre Leitsätze auf Deutsch, Englisch und Slowenisch vortrugen. Allerdings hatte ich keine Zeit zu warten, bis alle Köpfe ihre Sprüchlein aufgesagt hatten. Hier fehlte mir auch klar die Botschaft.

Der Raum über die römischen Legionen war ähnlich wenig informativ, wenn auch gut gemacht. So waren die Wände mit einer ganzen Legion in Form von Zinnsoldaten geschmückt, und mein Blick an die Decke führte praktisch auf die Sohlen der Legionäre, die über mir zu stehen schienen. Ich war förmlich von Legionären eingekreist. So musste sich wohl der gallische Rebell Vercingetorix am Tage seiner Niederlage gefühlt haben.

Der nächste Raum war für mich der am besten durchdachte Raum. Wie einige vielleicht wissen, gibt es in Rom die Trajanssäule. Auf dieser Säule sind von unten bis oben Reliefs angebracht, die die Siege der römischen Truppen während der Zeit des Kaisers Trajan darstellen. Diese Reliefs kann kein Tourist sehen, da sie ja hoch oben angebracht sind. In diesem Raum waren sie nun so platziert, dass ich förmlich zwischen ihnen durchgehen und jedes Detail genau in Augenschein nehmen konnte.

In diesem Raum blieb ich auch am längsten, denn es war schlichtweg faszinierend die ganzen in Stein gehauenen Informationen zu erspähen und zu verarbeiten. Da sah man schweres Belagerungsgerät, Truppen bei der Flussübersetzung, die Gefangennahme von feindlichen Anführern, usw.

In einem anderen Raum gab es noch eine interessante Simulation, wie Rom mal ausgesehen haben könnte. Auch hier muss ich den Gestaltern ein Lob aussprechen. Die Simulation hatte Atmosphäre und ließ nicht das Gefühl aufkommen, lediglich Computerbilder zu sehen.

Auch interessant gelöst fand ich die Allee der Gräber, die darauf anspielte, dass die Gräber der Römer immer vor der Stadt entlang der Straße angeordnet waren. So ging ich also nach dem Verlassen des Schlosses Retzhof durch eine Art Halle, wo ich links und rechts in Guckkästen die Bilder von besonders schönen Grabmälern betrachten konnte und über Lautsprecher Erklärungen eingespielt bekam.

Die Römer in Wagna (Flavia Solva)

Nach diesem positiven Ende im Schloss Retzhof setze ich mich in Richtung der ausgegrabenen Reste von Flavia Solva in Bewegung, die ich allerdings nur nach mehrminütiger Autofahrt erreichen konnte. Dazu muss man wissen, dass die Stadt Flavia Solva mehr oder weniger unter der heutigen Stadt Wagna liegt. Man könnte sie ausgraben, tut es aber aus wirtschaftlichen und konservatorischen Gründen nicht. Ausgegrabene Mauern halten nicht so lange wie verschüttete.

Präsentiert wurde nur die Hälfte einer Insulae, so nannte man früher die römischen Häuserblocks. Die Reste empfand ich als völlig unspektakulär, da sie ja nur aus Mauersockeln bestanden und den Resten einer Fußbodenheizung. Allerdings half mir die freigelegte Anlage zu verstehen, wie so eine Insulae strukturiert ist.

Über der Ausgrabung war ein Pavillon angebracht, in dem ich in Vitrinen allerlei über das römische Leben erfuhr. So gab es dort Schmuck, Werkzeug, Gläser und allerlei Geschirr zu sehen. Besonders sehenswert waren für mich eine römische Kücheneinrichtung und eine gut 2000 Jahre alte noch bespielbare Flöte.

Die Römer auf Schloss Seggau

Die Kücheneinrichtung brachte mich auf die Idee, etwas essen zu gehen. So fuhr ich auf das Schloss Seggau (wieder gut 10 Autominuten), wo nicht nur die Ausstellung weiterging, sondern auch eine gute steirische Mahlzeit auf mich wartete.

Schloss Seggau liegt übrigens auf einem Berg und bevor ich mich in die Düsternis der Ausstellungsräume begab, sonnte ich mich für gut eine halbe Stunde bei wundervoller Aussicht auf die Sulm, den ein voller Magen lernt ohnehin nicht gerne dazu.

Dann ging es aber hinein in das Schloss. Auch dort dominierte die Verwendung von moderner Präsentationstechnologie. So marschierte ich durch eine Art Zeitmaschine, wo ich anhand der Spielfilme erkennen konnte, wo ich mich gerade befand. Der letzte Spielfilm war mit Sophie Loren und hieß „Der Untergang des Römischen Reiches“. Aha, ich war angekommen.

In einem der folgenden Räume lief ich dann selbst gegen eine Spielfilmkamera, dort war eine moderne Küche mit römischem Esszimmer eingerichtet. Das Zimmer war sehenswert, die Bedeutung der Kamera zunächst unklar. Doch ein Film an der Wand klärte mich bald auf. Dort zeigte ein Koch wie man römische Küche zubereitet. Scheinbar wollte man dort auch was vorkochen, allerdings ruhten zum Zeitpunkt meines Besuches alle Kochtöpfe in ihren Schränken.

In einem der nächsten Räume wurde es wieder spannend und innovativ. Eine riesige Satellitenkarte von Europa zog sich so über Boden, Wand und Decke, dass sich Afrika am Boden, Mitteleuropa an der Wand und Skandinavien an der Decke befanden. In diesem Bild waren Lämpchen integriert, die abwechselnd als Linien aufleuchteten: das römische Straßennetz.

Die einzelnen Straßen leuchteten auf und dazu erklärte eine Stimme, um welche Straße es sich handelte und was dort bevorzugt transportiert wurde. Die Installation fand ich sehr gelungen! So wurde für mich moderne Technologie und Information optimal verknüpft!

Etwas blöder fand ich die Werbepausen (!) in den Erklärungen. Eine entschieden wirkende Stimme erklärte, egal was die Römer sich ausgedacht hätten, die Bank XY hätte es finanziert. Okay, so eine Ausstellung braucht Geld, aber muss man die Werbung so brutal platzieren?

Brutal war übrigens auch der Raum, wo etwas über die römische Medizin gezeigt wurde. Auf der einen Seite sah ich Ausschnitte von Medizinbüchern, auf der anderen Seite Filmaufnahmen von Operationen! Aber keine einfachen Sachen, da wurde wirklich Hardcore geschnitten, geklemmt und genäht.

Dazwischen gab es Schaukästen, die ganz ohne Worte eine tolle Botschaft vermittelten. Auf der einen Seite lagen antike Instrumente, auf der gegenüberliegenden Seite moderne Instrumente (im Allgemeinen handelte es sich um chirurgisches Besteck). Dazwischen gab es fast keinen Unterschied! Besser hätte man nicht darstellen können, wie fortschrittlich die Römer schon waren.

Dafür entgleisten andere Darstellungen total. So wollte man wohl zeigen, wie ähnlich die liturgischen Gewänder der heutigen Kirchenfürsten noch den Gewändern der alten Römer sind. Eine Kontinuität von damals bis heute. Leider hat man das nicht wirklich gut rübergebracht. Über den Modepuppen mit den Gewändern lief eine Szene aus Fellinis „Roma“. Was die Puppen für Gewänder trugen weiß ich nicht mehr, weil natürlich wir alle den Fellini-Film guckten.

Auch die Darstellung der Götterwelt der Römer war nicht so optimal. Zum einen wurden die Götter an die Decke gemalt, zum anderen wurden Elemente des heutigen christlichen Glaubens dargestellt. Die Idee an sich war gut, aber leider viel zu wenig informativ umgesetzt. Außerdem fehlte an der Decke die Göttin Minerva, die zur Kapitolinischen Trias und damit zu den Hauptgöttern gehörte.

Informativer war schon eine Tafel, wo man lesen konnte, wie viel die reichsten Römer verdienten und wer das größte Vermögen hatte. Solche Informationen hätte ich mir in einem viel größeren Ausmaß gewünscht.

Die Römer auf dem Frauenberg

Aber weil ich gerade von der Götterwelt schrieb, es gab ja noch einen vierten Standort: die Tempelanlage am Frauenberg. Vom Schloss Seggau marschierte ich nun zu Fuß rüber zum Frauenberg. Der Weg dorthin dauerte ca. 15 Minuten über einen zum Teil sehr steilen und glitschigen Weg. Dafür wurde ich oben mit einem herrlichen Blick auf das Schloss Seggau belohnt. Alleine deswegen hatte sich der Aufstieg schon gelohnt.

Die Ausstellung selbst bestand aus den Grundrissen der Tempel im Freigelände und einem Museum, das direkt über dem so genannten Isis-Tempel errichtet worden war. In der Schule hatten wir immer gelernt, dass es sich um einen Tempel der Isis gehandelt hatte. Jetzt konnte ich im Lapidarium des Museums das erste Mal sehen, auf was sich diese Erkenntnis stützte. Es war ein Stein, wo man das Wort Isis nur in seiner unteren Hälfte sehen konnte. Das war die einzige Spur!

Fazit

Die Ausstellung „Die Römer“ war tatsächlich sehr speziell gestaltet. Statt einer Vielzahl von originalen Fundgegenständen und interessanten Informationen offerierte sie vor allem ein Angebot von innovativen Medien und Technologien. Die besonderen Highlights darunter halfen mir über den Eindruck hinweg, im Grunde genommen nur wenig Neues erfahren zu haben. Allerdings verstehe ich auch, dass Landesausstellungen der gesamten Bevölkerung etwas bieten sollen und nicht nur den Hobbyrömern.

Stand: Oktober 2004